Mit dem Zug zur Uni – Ein Erfahrungsbericht über Vor- und Nachteile des Pendlerlebens.

von Kristof Kehl

Seit Beginn meines Bachelorstudiums pendle ich von Euskirchen nach Bonn. Ein großer Vorteil ist die Direktverbindung, die knapp eine Stunde dauert. Normalerweise sind keine Umstiege über Köln nötig – dazu später mehr.

Es gibt einige Nach-, allerdings auch ein paar Vorteile, die bei so einer Art von Verbindung auftreten können. Dies ist mein Erfahrungsbericht aus ein paar Jahren Unipendeln mit Zug.

Das Wichtigste zuerst

Zuallererst ganz wichtig: Ticket und Ausweis nicht vergessen! Der Studentenausweis ist an der Uni Bonn auch das Semesterticket. Damit kann man in ganz NRW die Öffis im Nahverkehr benutzen. Zusätzlich darf man im ganzen VRS-Gebiet ein Fahrrad mitnehmen und ab 19 Uhr und am Wochenende ganztägig eine weitere Person. Bei der Kontrolle muss zwingend der Personalausweis mit vorgezeigt werden. Achtet auch immer darauf, das passende Ticket für das passende Semester dabeizuhaben! Die Semesterenden sind der 30.09 für das Sommer- und der 31.03. für das Wintersemester.

Mir ist es schon ein paar Mal passiert, dass ich mein Ticket oder Ausweis vergessen hatte und dann im Servicecenter der DB nachzeigen musste. Diese leicht vermeidbaren 7€ Bearbeitungsgebühr sind aber immerhin besser als die 60€ erhöhtes Beförderungsentgeld.

Von Standardverbindungen und Alternativen

Etwas zeitaufwendig ist die Pendelei schon. Es fängt damit an, dass man sich eine Standardverbindung samt Alternativen raussuchen muss. So ist es ratsam, nicht die letztmögliche Verbindung zu wählen. Einen Zugausfall oder eine Verspätung mit einzukalkulieren und eine Fahrt früher zu nehmen, spart Stress und unangenehme Situationen in der Uni, wenn man wieder mal zu spät in den Hörsaal oder das Seminar platzt. Besonders ratsam ist das bei wichtigen Terminen, wie Prüfungen oder Sprechstunden. Wenn mal wieder aus „betrieblichen Gründen“ oder baubedingt eine Verbindung ausfällt, ist es wichtig, direkt eine Ausweichroute zum Ziel rauszusuchen. So wurde schon öfter aus einer 50-minütigen Zugfahrt eine doppelt so lange mit 1-2 Umstiegen in Köln oder Hürth. Zusätzlich hat man – wenn alles gut läuft – noch etwas Zeit, um sich entspannt einen Kaffee zu holen und den Stoff oder die Unterlagen nochmal durchzugehen. Mit den passenden Apps, um sich im Fahrplanchaos zurechtzufinden, ist es auch nur halb so schlimm. Ich persönlich nutze den DB-Navigator und VRSinfo. Es empfiehlt sich, nicht nur einer App zu vertrauen, da beim DB Navigator häufiger Echtzeitinfos angezeigt werden, bei der VRSinfo jedoch öfter Alternativverbindungen. Zusammengefasst kann man festhalten: Man muss früher los und ist später zuhause. Die genaue Reisedauer variiert je nach Entfernung zwischen Wohnort und Uni. Aber diese Reisezeit kann man auch für sich nutzen und ist nicht zwingend verschwendete Lebenszeit.

Reisezeit – Lesezeit

Das bringt uns nun zu den Vorteilen. Vor allem bei einer längeren Direktverbindung, wie in meinem Fall, kann man die Reisezeit gewinnbringend nutzen. Ich habe zum Beispiel viel Zeit zum Lesen von (Unterhaltungs-) Literatur, aber auch um Stoff für die Uni vor- oder nachzubereiten. Ich empfehle in jedem Fall irgendeine Art von Kopfhörern oder Ohrstöpseln. Erstens um die Geräuschkulisse zu dämpfen und zweitens, um die Lieblingsmusik oder einen spannenden Podcast zu hören. Wenn man noch einen Laptop mit zur Uni nimmt und mobiles Datenvolumen hat, kann man schon sehr effektiv arbeiten und Ideen direkt festhalten und Erstentwürfe erstellen oder ein Projekt skizzieren. Ich habe zum Beispiel während der Zugfahrt angefangen, Charaktere zu entwerfen und Geschichten oder Gedichte zu schreiben.

Zeit für Abstand

Ein weiterer Faktor ist die Tatsache, dass ihr euch mental auf die Uni und den kommenden Tag einstellen oder nach einem langen Tag abschalten, resümieren und reflektieren könnt. So ist man fokussierter, wenn man extra in die Bibliothek fährt, um ein Buch auszuleihen. Außerdem ist man eher bereit das Buch direkt vor Ort durchzuarbeiten, wenn man einen etwas weiteren Heimweg hat. Das steigert vor allem in der Prüfungsphase die Produktivität enorm. Ist man dann endlich zuhause, kann man auch wirklich abschalten und sich mit was Anderem beschäftigen. Diese Trennung von Uni und Freizeit hat sich in der Corona-Zeit sehr stark gezeigt und für etwas Struktur gesorgt.

Nicht immer der Fall, aber auf jeden Fall ein netter Nebenaspekt ist der Austausch mit Freunden oder Kommilitonen, wenn sie ebenfalls pendeln. Hat man zum Beispiel keine Lust auf den bevorstehen Tag, kann man sich immerhin auf den Austausch während der Fahrt freuen.

Alles in Allem war dies mein Plädoyer dafür, aus jeder nervigen oder langweiligen Situation ein paar positive Aspekte ziehen. Denn wie in meinem Fall ist der Weg (zur Uni) das Ziel, wenn man sich drauf einlässt